Gegen die Angst vor dem leeren Blatt: Texte lecken mit Vergil


Kategorie: Schreiben
| 23.11.2012 | 0 Kommentare

Sie haben Angst vor dem leeren Blatt? Da sind Sie nicht allein!

Immer wieder werde ich von Seminar-Teilnehmern gefragt, was sie gegen diese Angst tun können. Hier zwei Tricks, der erste von Luther, der zweite von Vergil.


Luther empfiehlt: Fokus!


Beginnen wir mir Luther. Er lebte zwar später als Vergil. Aber beim Kampf gegen das leere Blatt können Sie Vergils Trick erst anwenden, wenn Sie Luthers Trick umgesetzt haben. Hier ist er:

„Ich befleißige mich in meiner Predigt, dass ich einen Spruch für mich nehme, und da bleib ich; das tu ich, auf dass das Volk sagen mag: ‚Das ist die Predigt gewesen‘, das heißt, ich bleibe bei der Hauptfrage.“
 
Dazu habe ich schon etwas auf dieser Website veröffentlicht.

Warum hilft Fokus gegen die Angst vor dem leeren Blatt? Na ja, wenn Sie Ihren Fokus herausgeschält haben, dann fällt es Ihnen viel leichter mit dem Schreiben zu beginnen. Oder etwa nicht?


Vergil empfiehlt: Texte lecken!

Nun zu Vergil, DEM römischen Dichter. Wie ging er beim Schreiben vor?

In der so genannten Servius-Vita heißt es über ihn:
 
"Er [= Vergil] sagte gar nicht unzutreffend, wie eine Bärin gebäre er seine Gedichte und bringe sie in die richtige Form, indem er sie lecke."

Serviusvita 22 (Übersetzung von mir) 

Häh? Was soll das denn heißen? Fangen wir mit der Bärin an.

Vergil meinte tatsächlich, dass die Bärin durch das stetige Schlecken ihrer Jungen (bitte nicht nachmachen!) die Kinder formt, sodass deren Körper die richtige Gestalt annehmen.

Aufs Texten bezogen hieß das bei Vergil: Er schrieb drauf los, und dann überarbeitete er seine Texte. So einfach ist das.

Für Sie heißt das: Loslegen! Nicht zu hohe Maßstäbe ansetzen! Nicht gleich den perfekten Text wollen! Und dann überarbeiten.

Ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass es leichter ist und irgendwie auch mehr Spaß macht, einen bestehenden Text zu überarbeiten als gleich zu versuchen, den perfekten Wurf hinzulegen.

Vergil machte das übrigens bei seinem Epos "Aeneis" so, dass er manchmal nur einen halben Vers dichtete und den Rest des Verses später ergänzte.

Leider starb er, bevor er alle Verse ergänzt hatte. Das machte aber nichts. Als die Aeneis postum veröffentlicht wurde, wurde sie auf Anhieb als Meisterwerk gefeiert.

Sie sehen: Selbst mit halbperfekten Texten kann man ein Star sein - 2.000 Jahre lang!

PS. Meine Zunge ist ganz rau. Raten Sie mal, warum!


Schlagworte: Schreibangst Schreibhemmung
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