Von Löw und Ranke abgeschaut: Wie Sie Ihre Kritiker zum Verstummen bringen


Kategorie: Managen
| 17.07.2014 | 1 Kommentare

Artikelbild Deutschland ist Weltmeister! Und wir als Familie waren dabei! Nein, nicht in Brasilien, aber am Brandenburger Tor. Da haben wir Jogi Löw und seine weltmeisterlichen Jungs empfangen.

Nach all der Kritik, die Jogi Löw zuvor von fast 80 Millionen Bundestrainern einstecken musste, hatte ich damit gerechnet, dass nur wenige Leute auf der Fanmeile zu seinem Empfang kommen würden.

Doch was mich erstaunt hat: Jogi wurde extrem freundlich, ja überschwänglich empfangen. Zehntausende, ja Hunderttausende jubelten ihm zu.

Wie hat der das bloß hinbekommen?

Ganz einfach: Jogi Löw hat einen Trick von Leopold von Ranke beherzigt:

„Für die Menschen gibt es nichts Überzeugenderes als die Erfolge.“

[oft zitiert als „Nichts ist überzeugender als der Erfolg"]

Leopold von Ranke: Zur Geschichte Deutschlands und Frankreichs im neunzehnten Jahrhundert, herausgegeben von Alfred Dove, Leipzig 1887, S. 10.
Jogi Löw hat seine Kritiker überzeugt, indem er - mit den Worten von Schweinsteiger - „das Scheißding“ geholt hat, nämlich den Weltmeister-Pokal.

WMWM










Gehen Sie mal auf Spiegel Online oder eine andere Medien-Seite, und lesen Sie die Forumsbeiträge nach dem Algerien-Spiel. Ich erspare es mir hier, die ätzenden, zum Teil hämischen Kommentare über Löw und seine Aufstellung oder Strategie oder was auch immer zu zitieren.

Wenn Sie diese Kommentare gelesen haben, dann müssen Sie nun auf die Forumsbeiträge zum Spielbericht über das Finale oder den Gewinn des Weltmeistertitels gehen. Überschwängliches Lob! Und eines muss man den (meisten) Ex-Kritikern lassen: Sie loben Löw nicht nur in den Himmel, sondern sie nehmen ihre Kritik zurück, leisten Abbitte, entschuldigen sich dafür usw.

Tja, und was heißt das nun? Das heißt: Das einzige Mittel, Ihre Kritiker zum Verstummen zu bringen, ist der Erfolg.


Kritik akzeptieren und auf Widerworte verzichten

Konkret heißt das:

1) Akzeptieren Sie, dass Sie kritisiert werden und dass Sie Ihre Kritiker erst mit einem Erfolg überzeugen können. Hören Sie auf, über ungerechtfertigte Kritik zu jammern, und arbeiten Sie weiter!

2) Sparen Sie es sich, sich mit Ihren Kritikern vor dem Erfolg auseinanderzusetzen! Überzeugen Sie durch Resultate.

Vor dem Erfolg ist es schwer bis unmöglich, Ihre Kritiker zu überzeugen. Denn egal, was Sie sagen werden, Ihre Kritiker werden es besser wissen. Sie werden Ihren Argumenten bessere Argumente entgegensetzen - und selbst wenn Sie die besseren Argumente haben sollten, überzeugt sein werden Ihre Kritiker dennoch nicht.

Übrigens: In einer Hinsicht werden Sie es leichter haben als Jogi Löw. Bei ihm zählte nämlich nur das eine große Ergebnis, nämlich der Weltmeistertitel. Sie hingegen werden oft schon mit Kostproben eines Erfolges überzeugen können.

Ein Beispiel: Wenn Sie darlegen wollen, dass Ihr neues Produkt bei Kunden gut ankommen wird, können Sie es zum Beispiel bei einigen Kunden testen und das Testergebnis Ihren Kritikern vorlegen.

Die traurige Nachricht: Mit einem Erfolg werden Sie 99,9 Prozent Ihrer Kritiker überzeugen können. 0,1 Prozent leider nicht. Trösten Sie sich: Das ist selbst Jogi Löw nicht gelungen.

In einem Forumsbeitrag las ich: Die deutsche Mannschaft habe den Titel nicht dank Löw geholt, sondern trotz Löw. Na, ja, diese Leute sind dann eben auch nicht zum Brandenburger Tor gekommen. Löw schien darüber aber nicht traurig zu sein.


Vergeben und gemeinsam feiern

So, und damit wir positiv enden, hier noch ein dritter Tipp zum Thema:

3) Wenn Sie Ihren Erfolg endlich vorzuweisen haben, verzichten Sie auf eine Abrechnung mit Ihren Kritikern. Vergeben Sie Ihnen und feiern Sie gemeinsam mit Ihnen.

Genau das hat Löw getan. Wir waren live dabei! Er sagte nämlich am Brandenburger Tor nicht: „Für alle, die es unsinnig fanden, dass wir Philipp Lahm zunächst im Mittelfeld haben spielen lassen …“ oder „Ich freue mich, meinen Kritikern bewiesen zu haben, dass meine Strategie die richtige war“.

Nein, Jogi Löw, der Mann, der das Recht hätte, öffentlich zu triumphieren, sagte am Brandenburger Tor (wie gesagt, ich habe es mit eigenen Ohren gehört):

"Ohne euch wären wir nicht hier! Ihr seid alle Weltmeister!"


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Kommentare: 1

Alexander | 12:16 Uhr | 23.07.2014
Richtig, WIR sind alle Weltmeister. Weil auch die deutschen Fans einen Impuls ans Team gegeben haben. Sicherlich hätte bei einer Niederlage keiner gesagt: Wir sind alle Versager. Der Erfolg überzeugt nicht nur, er vereint auch.
Was habe auch ich geschimpft über \"Joghurt\" Löw wegen Lahm, wegen Özil, wegen was auch immer. ... Im Erfolg ist alles vergessen. Ich meine, die deutsche Mannschaft hat (bzw. WIR haben) den Titel nicht dank Löw geholt und auch nicht trotz Löw, sondern mit Löw. Diesmal hat es einfach geklappt. Viele Wege führen zum Erfolg. Viele Wege führen daran vorbei. Löw ist mit seiner Truppe in der Spur geblieben und hat sich nicht vom Weg abbringen lassen. Aber wir dürfen eines nicht vergessen: Freud und Leid liegen dicht beieinander. Denken wir an Höwedes\' Kopfball an den Pfosten oder Higuains angsterfüllten Torabschluss. Wie auch immer. Die Kritiker können erstmal einpacken. Sie kommen bei nächster Gelegenheit bestimmt wieder. So ist der Fußball. Juckt uns aber alles nicht, denn: Wir sind kollektiv amtierende Weltmeister.
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