Was mich am meisten an meinen Teilnehmern erstaunt – und an mir selbst


Kategorie: Managen Reden
| 19.11.2013 | 2 Kommentare

Ja, das hätten Sie gern gewusst, was? Glauben Sie wirklich, ich sage es Ihnen? Hier und in aller Öffentlichkeit?

Na ja, jetzt muss ich wohl raus mit der Sprache. Augen zu und durch!

Was mich am meisten an meinen Teilnehmern erstaunt: Sie alle – oder sagen wir: 90 Prozent – bezeichnen „zuhören“ als die wichtigste Eigenschaft eines Gesprächspartners (und auch einer Führungskraft). Das ist jedenfalls das Ergebnis meiner Umfragen.

Und sie alle nicken andächtig, wenn ich das Ergebnis einer solchen Umfrage verkündige. So, und jetzt kommt’s:

Wenn ich dann auf das Thema näher eingehe, verlieren sie das Interesse! Und zwar schnell.

Das erstaunt mich immer wieder. Sie haben gerade noch behauptet, „zuhören“ sei so wichtig. Wenn es so wichtig ist, müssten sie doch brennend daran interessiert sein, sich diese wichtige Gabe anzueignen.

Sie müssten mir Löcher in den Bauch fragen, wie man richtig zuhört. Sie müssten mich anflehen, dazu Übungen zu machen. Sie müssten mich nach Literatur zum Thema „Zuhören“ fragen. Aber das Gegenteil ist der Fall.

Meine Teilnehmer besuchen meine Seminare (zum Glück!), um besser zu präsentieren, besser zu verhandeln, besser zu kritisieren. Sie wollen lernen, besser zu sprechen und denken nicht daran, dass dafür das Zuhören unerlässlich ist. (Warum, ist hier nicht das Thema).


Interesse und Desinteresse aus ein und demselben Grund

Ja, aber woran liegt dieses Interesse und zugleich Desinteresse am Thema „Zuhören“? Ich wage mal eine Vermutung:

Weil wir es wichtig finden, dass die anderen uns zuhören. Und weil wir es weniger wichtig finden, den anderen zuzuhören. (Wer eines meiner Seminare besucht hat, kennt einen meiner Lieblingssprüche: „Wir sind alle Egoisten“) Die anderen sollen lernen, besser zuzuhören.

Halt! Vielleicht haben sie es gemerkt: Ich bin in das „Wir“ übergewechselt. Denn was ich traurigerweise festgestellt habe: Ich bin nicht besser. Im Gegenteil.

Als Seminar-Leiter bin ich besonders gefährdet, viel zu reden und wenig zuzuhören.

Wie in meinem heutigen Seminar. Ich habe zu viel präsentiert, referiert, schwadroniert – und zu wenig zugehört.

Ich habe meine Teilnehmer zu wenig nach ihren Fragen und Problemen gefragt. Stattdessen habe ich ihnen tolle Antworten gegeben auf Fragen, die sie mir gar nicht gestellt haben. Wie Salomo das findet?


„Wer antwortet, bevor er zuhört, ist dumm und peinlich.“

Salomo: Sprüche 18,13

Hmh. Was ist jetzt zu tun? Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, besser zuzuhören. Ich habe es mir vorgenommen für das Seminar in der nächsten Woche.

Und Sie? Welches Gespräch steht als nächstes an? Nehmen Sie sich vor, besser zuzuhören, und dann schauen Sie, was passiert.

Und lassen Sie mich am Ergebnis teilhaben. Ich freue mich, von Ihnen zu hören!
 


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» Die sechs schlechtesten Antworten (ein Artikel über schlechtes Zuhören)

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Kommentare: 2

karl-anton Erath | 15:07 Uhr | 20.11.2013
Kommentar
Der Ansatz ist gut. Gibt es dazu hilfreiche Literatur?
Ralf Lengen | 15:56 Uhr | 20.11.2013
Ich kann Ihnen die zwei folgenden Bücher empfehlen: Nils Thomas Lindquist: Die wiederentdeckte Kunst des Zuhörens; und Francesco Torralba: Die Kunst des Zuhörens.
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