Ich war beeindruckt, hatte aber ein Problem: Ich hatte keine Zeit zuzuhören. Denn ich musste gerade für zwei arbeiten. Mein Kollege war nämlich für mehrere Wochen ausgefallen. Alle dreißig Minuten musste ich beim Moderator drei O-Töne abliefern. Das hieß: Telefonieren, aufnehmen, schneiden, Anmoderation schreiben, zum Moderator mit dem Band rennen. Der Druck war enorm. Schon am Dienstag fing ich an, mich auf das Wochenende zu freuen. Am Dienstag!
Doch zurück zu unserer viel beschäftigten Radio-Redakteurin: Charlotte von Schiller hätte sie gar nicht als „vielbeschäftigt“ bezeichnet:
„Die Menschen, die so viel sprechen über das, was sie tun, tun am wenigsten."
Charlotte von Schiller in: Charlotte von Schiller und ihre Freunde, herausgegeben von Ludwig von Ulrichs, 3 Bände, Stuttgart, 1860-1865
So hatte ich das damals gar nicht gesehen. Aber Frau von Schiller hat Recht. Die Zeit, welche die Redakteurin dafür brauchte, um mir über ihre viele Arbeit zu berichten (und die ihr Arbeitgeber übrigens bezahlte), hätte sie nutzen können, um zu arbeiten. Und ich werde wohl kaum der Einzige gewesen sein, dem sie über ihr großes Pensum berichtete.
Also: Wenn das nächste Mal ein Kollege zu Ihnen kommt und stolz-jammernd aufzählt, was er alles zu leisten hat, nicken Sie ihm freundlich zu und denken sich Ihr Teil. Sie wissen schließlich, wie Sie das einzuordnen haben.
Das heißt aber auch, dass Sie und ich uns hüten, in der Arbeitszeit (und auch sonst?) stolz-jammernd über unseren Berg an Arbeit zu sprechen. Packen wir’s an!