"Erstens: Lage. Zweitens: Lage. Drittens: Lage."
Warum? Weil Sie den Zustand einer Immobilie ändern (und dabei hoffentlich verbessern) können. Sie können zur Not sogar die Immobilie abreißen und eine neue auf dem Grundstück errichten. Nur die Lage des Grundstücks können Sie nicht ändern. Nicht umsonst heißt es „Immobilie“ = „nicht von der Stelle zu bewegen“.
Wohl dem, der eine S-Bahnstation in der Nähe hat. Und einen Supermarkt um die Ecke. Und eine gute Pizzeria in Laufnähe. Und und und.
Doch die Lage ist nicht alles. Es gibt etwas, was viel wichtiger ist, weil es ebenso unbeweglich ist wie die Immobilie und dabei den Wert entscheidend vermindern kann. Schauen wir uns dazu eine kurze Geschichte des persischen Dichters Saadi an:
"Ich war unentschlossen über den Kauf eines Hauses, und ein Yahudi sagte zu mir: 'Kauf es, denn ich bin ein alteingesessener Bewohner dieser Straße. Frag mich um meine Meinung, und ich kann dir sagen, dass an ihm nichts Schlechtes ist.' - 'Nichts', sagte ich, 'außer, dass du mein Nachbar wärst!' - Ein Haus mit einem Nachbarn wie dir wäre selbst zehn Dirham unter seinem wirklichen Wert noch zu teuer!"
Sheikh Saadi: Gulistan - Der Rosengarten, aus dem Urtext übertragen von Syed Omar Ali-Shah, Deutsch von Kathleen Göpel, 2. Auflage Berlin 2008, Buch IV ("Von den Vorteilen des Schweigens"), Geschichte neun, S. 156
Jetzt weiß ich, warum das Ehepaar, das sich für die Wohnung neben uns interessierte, Wert darauf legte, uns vorher kennen zu lernen, und uns fragte, wie die anderen Nachbarn seien. Das ist ein weises Vorgehen. Denn die beste Lage nützt Ihnen nichts, wenn Ihr Nachbar ein Ekelpaket ist, was Schiller etwas gewählter folgendermaßen ausdrückt:
„Es kann der Frömmste nicht im Frieden bleiben, (oft zitiert: "leben") / wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt.“
Friedrich Schiller: Wilhelm Tell IV 3 (aus dem Munde von Tell)
Wenn Sie sich also für eine Wohnung interessieren, tun Sie gut daran, sich die Nachbarn einmal anzuschauen. Und vor einem Kauf sollten Sie sich die Protokolle der letzten Eigentümerversammlungen zeigen lassen. Wenn an diese Protokolle Schreiben von Rechtsanwälten angetackert sind, wird es sich kaum um eine harmonische Hausgemeinschaft handeln.
Wir können das Ganze zum Glück auch positiv formulieren: Ein guter Nachbar ist viel wert. Das wusste schon Salomo:
Wenn ich für meinen Pfannkuchen am Sonntag Mittag noch ein paar Eier brauche, kann ich schlecht meinen Bruder fragen. Der wohnt nämlich einige Autostunden entfernt. Ich gehe einfach zu meinen lieben Nachbarn.
„Besser ein naher Nachbar als ein ferner Bruder.“
Salomo: Sprüche 27,10