Wie es der Reporter schaffte, von Per Mertesacker einen guten O-Ton zu bekommen


Kategorie: Schreiben Reden
| 22.07.2014 | 0 Kommentare

Ich bin immer noch im WM-Fieber! Im WM-TV-Fieber! Ein Höhepunkt war dabei für mich das Interview mit Per Mertesacker nach dem Spiel gegen Algerien.

Anhand dieses Interviews will ich Ihnen eine Methode zeigen, wie Sie Ihren Gesprächspartner dazu bringen, Ihnen einen guten O-Ton zu geben. (O-Ton = Original-Ton; was gute O-Töne ausmacht, habe ich bereits hier dargelegt.)

So, doch zunächst schauen Sie sich bitte das Interview an, falls Sie das nicht schon gemacht haben




"Wat wolln Se"; "Glauben Sie, unter den letzten 16 ist eine Karnevalstruppe?" und "Ich leg mich erst mal drei Tage in die Eistonne" - das alles sind klasse O-Töne. Kein Wunder, dass dieses Interview bereits mehr als zwei Millionen Mal auf youtube angeschaut wurde und diese O-Töne immer wieder zitiert wurden.

Wie schaffte es Reporter Boris Büchler, diese O-Töne aus Peer Mertesacker herauszulocken?

Ganz einfach: Indem er einen Trick umsetzte, der von Carmen Sylva stammt, der "dichtenden Königin":

„Widerspruch belebt das Gespräch. Deshalb ist es bei Hofe so langweilig.“

Carmen Sylva: Aphorismen

Die skeptischen Fragen des Reporters belebten das Gespräch, weil Per Mertesacker sich provoziert fühlte. Dadurch wurde seine Antwort emotional. Und das ist es, was diese Antwort für den Zuschauer bzw. den Leser interessant macht.

Wenn der Reporter nur brav gratuliert und das Spiel der deutschen Mannschaft gelobt hätte, hätte er nicht einen so interessanten O-Ton bekommen, sondern etwas in der Richtung "schwerer Gegner, gute Team-Leistung" - eben das, was man immer zu hören bekommt.

Für Sie heißt das: Wenn Sie das nächste Mal für Ihre Mitarbeiterzeitschrift einen Projektleiter interviewen, dann stellen Sie doch mal eine skeptische Frage!

Aber macht man sich damit nicht unbeliebt? Das könnte in der Tat passieren. Damit das jedoch eben nicht passiert, hier zwei Tipps:

1) Der Ton macht die Musik.
Keine weitere Erläuterung notwendig.

2) Legen Sie den Widerspruch einer anderen Person in den Mund.
Diesen Trick habe ich als Radio-Reporter gelernt: Sagen Sie Ihrem Interview-Partner gegenüber nicht "Der Finanzplan ist unausgereift", sondern "Die Opposition sagt, der Finanzplan sei ausgereift" Dann wird sich Ihr Interview-Partner immer noch aufregen, aber Sie sind aus dem Schneider. Wichtig: Das muss die Opposition aber auch wirklich gesagt haben. Diesen Trick hat z.B. Marietta Slomka bei ihrem legendären Interview mit Sigmar Gabriel angewandt, als sie nämlich einen Professor zitierte (ab Minute 6.18):



Übrigens: Ein Spiel später nach dem Brasilien-Spiel war wieder alles gut zwischen Boris Büchler und Peer Mertesacker: Schauen Sie selbst:





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