Ach, wie schön wäre es, wenn unsere Zuhörer immer mit uns übereinstimmten! Da das aber nun mal nicht so ist, müssen wir uns damit abfinden.
Mehr noch: Wir sollten uns auf die Einwände gut vorbereiten, ja, sie sogar selbst vortragen, bevor das unsere "Gegner" tun.
Das rät jedenfalls der römische Rhetorik-Professor Quintilian:
"Eine wunderbare Wirkung hat in Prozessreden das Vorwegnehmen ..., wobei wir dem, was uns entgegengehalten werden kann, zuvorkommen."
Quintilian: Ausbildung des Redners IX 2,16
Das gilt nicht nur in Prozessreden, sondern für jede beliebige Rede, bei der es darum geht, andere von etwas zu überzeugen.
Das Vorwegnehmen der negativen Argumente hat zwei positive Effekte
Effekt 1: Wertschätzung der Skeptiker
Indem wir die Einwände der Skeptiker selbst vortragen, zeigen wir ihnen, dass wir ihre Bedenken verstehen - und dass wir sie ernst nehmen.
Hier kommt es auf unseren Tonfall an. Bitte nicht aggressiv, bitte nicht vorwurfsvoll, bitte nicht ironisch. Einfach nur vortragen - und dann freundlich widerlegen.
Effekt 2: Selbstsicherheit
Wenn wir nicht warten, bis die Einwände kommen, sondern sie selbst vorbringen, wirken wir souverän auf unsere Zuhörer: "Oh, das hat der Redner / die Rednerin ja schon alles mitbedacht", denken der Zuhörer, übrigens nicht nur die skeptischen Zuhörer.
Mindestens ebenso wichtig ist die Wirkung auf Sie selbst: Sie können entspannt beginnen, da Sie sich erstens gut auf die Einwände vorbereitet haben und zweitens wissen, dass das bei Ihren Zuhörern gut ankommt.
Jedenfalls besser als das ängstliche Nicht-Ansprechen von Einwänden in der Hoffnung, dass sie nicht geäußert werden. Denn diese Hoffnung wird zu 99 Prozent nicht erfüllt werden.